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PAPIER

Dem chinesischen Ackerbauminister Tsai Lun aus Hunan soll es während der Zeit der Han Dynastie um 105 v. Chr. gelungen sein, das erste beschreibbare Papier herzustellen. Während Jahrhunderten konnten die Chinesen das Geheimnis der Papierherstellung hüten, bis sie um 600 n. Chr. in Korea und um 700 n. Chr. in Japan Einzug hielt und schliesslich 751 n. Chr. im Krieg gegen die Araber im damals persischen Samarkand chinesische Papiermacher in arabische Gefangenschaft gerieten. Die erste arabische Papiermühle wurde 794 n. Chr. in Bagdad betrieben. Es folgten Damaskus, Nordafrika und schliesslich um 1150 San Felipe im damals maurischen Südspanien. In einer entscheidenden Schlacht der Spanier gegen die Mauren bei Valencia wurde der Grundstein für die abendländische Papiermacherkunst gelegt. Damit verloren die Araber auch ein seit dem Rückgang des Papyrus wichtiges Exportgut. Weitere Stationen der Verbreitung der Papierherstellung im Abendland waren:

1190 Fabriano in Italien
1326 Richard de Bas in Südfrankreich
1390 Nürnberg in Deutschland
1411 Marly in der Schweiz

HERSTELLUNG VON HANDGESCHÖPFTEM PAPIER, BÜTTENPAPIER

papier_schoepfsieb_herstellung

Als Rohstoff wurden vor der Industrialisierung der Papierherstellung ausschliesslich Leinen- und später auch Baumwollumpen verwendet.
Diese werden klein zerrissen, im sogenannten Faulkeller unter Einwirkung hoher Luftfeuchtigkeit so lange belassen, bis sie leicht zerfetzbar sind, und werden darauf unter Zugabe von Wasser in den Stampftrog der Papiermühle gegeben. Das meist an ein Wasserrad angeschlossene Stampfwerk mit seinen Trögen stampft nun diese Masse durch Quetschen der Fasern in mehreren Tagen zu einem Brei, der bei entsprechender Länge der Fasern in einen Bottich, auch Bütte genannt, von ca. 1000 Litern Fassungsvermögen gegeben wird. Die Fasern werden in ihrer Länge auf die Dichte des Siebes abgestimmt, was sich wieder auf die Feinheit des Papiers auswirkt. Das Verhältnis Wasser – Papierstoff ist für die Dicke des zu schöpfenden Papiers ausschlaggebend.

Abb.18: Herstellung des Schöpfsiebes nach Diderot.

Das Schöpfsieb besteht – in seiner in der westlichen Welt gebräuchlichen Form – aus einem unteren mit einem Sieb bespannten Rahmen und einem darübergelegten zweiten Rahmen, der durch eine Nut versehen fest auf dem Sieb aufliegt.

papier_schoepferei

Abb.19:
Papierschöpferei nach Diderot

Das Schöpfsieb wird in den mit Brei und Wasser gefüllten Bottich getaucht und hochgehoben. (Abb. 33.1., Fig. 1) Beim Herausheben aus der Bütte entsteht ein Sog, ein Vakuum, durch den der Faserbrei fest auf dem Sieb angesaugt wird. Dabei muss das Sieb möglichst waagrecht gehalten und, sobald der deckende Rahmen über der Oberfläche sichtbar wird, sorgfältig in schneller Bewegung von vorne nach hinten und von links nach rechts gerüttelt werden. Der obere Rahmen hält dabei den Faserbrei auf dem Sieb zurück; er bestimmt auch die Abmessungen des Papiers. Bei diesem wichtigen Vorgang der Papiermacherkunst entscheidet sich die Gleichmässigkeit, die Festigkeit und die Dicke des geschöpften Papiers.

Nun wird das Sieb samt Rahmen auf ein eigens dazu bestimmtes Abtropfbrett am Rand der Bütte gelegt, damit das Restwasser noch etwas abtropft (Abb. 33.1., Fig. 2). Danach wird der deckende Rahmen so abgenommen, dass kein Tropfen auf den Papierfaserteppich auf der Sieboberfläche fällt. Anschliessend wird das Sieb mit dem «Papier» nach unten durch festen Druck auf die bereitgelegten Wolldecken (Gautschdecken) gestürzt (Abb. 33.1., Fig. 3).

Damit sich das Papier problemlos vom Sieb löst, müssen die Wolldecken gut angefeuchtet sein und der Druck an den einander diagonal gegenüber­ liegenden Ecken kräftig ausgeübt werden. Zu neue Gautschdecken hinterlassen bei diesem Arbeitsgang oft Wollfasern im Papier, alte, gebrauchte Decken sind daher vorzuziehen. Auch beim anschliessenden Reinigen der Decken mit einer Bürste werden oft Haare aus dem Gewebe gelöst, die sich dann im geschöpften Papier wiederfinden und das Schreiben erschweren, wenn nicht verunmöglichen.

Papier, Decken, Papier werden lagenweise aufeinandergestapelt, bis sie in einer gut pressbaren Anzahl in die Stockpresse gebracht werden, wo unter kräftigem Druck (2-3 Tonnen) noch soviel Wasser herausgepresst wird, dass die einzelnen Blätter genügend Festigkeit aufweisen, um sorgfältig an einer Doppelleine zum Trocknen aufgehängt werden zu können. Nach dem Trocknen, was möglichst langsam bei hoher Luftfeuchtigkeit geschehen sollte, werden Papiere, die zum Beschreiben gedacht sind, durch ein warmes Leimbad gezogen, anschliessend nach erneutem Trocknen nochmals gepresst, zwischen Holzbretter gelegt und beschwert während längerer Zeit gelagert. Es hat sich erwiesen, dass die Lage­rung beim Papier eine oft unterschätzte Rolle spielt. Je länger die Papiere gelagert werden, desto besser lassen sie sich auch beschreiben.

papier_schoepfsieb_wasserzeichen

Wasserzeichen im Papier sind Echtheitszeichen, die einem bestimmten Hersteller zugeordnet werden können. Sie entstehen durch eine Auflage im Sieb, die an dieser Stelle den Papierbrei nicht so dicht werden lässt.
Hält man das Papier dann gegen das Licht, sind diese dünneren Stellen durchscheinender und ergeben ein Logo, einen Schriftzug oder ein Bild.

Abb.20:
Schöpfsieb mit Wasserzeichen

Beim Einkauf von Papieren ist auf Folgendes zu achten:

Haare und Fasern an der Oberfläche des Papiers machen das Schreiben sehr mühsam, da sie die Buchstaben ausfüllen, dicke Striche statt dünne bewirken und immer wieder die Feder verstopfen.
Ein Papier kann auf allfällige Haare geprüft werden, indem man es leicht rollt, die gebogene Kante des gerollten Papiers gegen eine starke Lichtquelle hält und nun die aufsteheden Fasern erkennen kann. Schlecht geleimtes, für den Buchdrucker ein willkommenes, für den Schreibenden ein unmögliches Papier ist oft schwer erkennbar. Im Geschäft besteht kaum die Möglichkeit das Papier mit Tinte und Feder zu prüfen, ohne dass wir das allenfalls ausfliessende Papier gleich kaufen müssen, und die nötigen Angaben über die Leimung kann in der Regel nur der Hersteller machen.
Gut geleimtes Papier lässt sich meistens nur an seinem akustisch hohen Ton beim Bewegen des Papierbogens erkennen, wie vergleichsweise beim Banknotenpapier. Schlecht geleimtes Papier, das zum Beispiel für Aqua­rellmalerei vorzüglich sein kann, geht im Geräusch schon eher in Richtung eines Fliesspapiers. Neben der manuellen und optischen Prüfung der Papierqualität bleibt uns dank der spröden Eigenschaft des Leims – ganz wie dem Bankbeamten – als zuverlässigstes Mittel, ohne das Papier zu beschädigen, eigentlich nur die akustische Prüfung.

KÜNSTLICHES ALTERUNGSVERFAHREN

papier_leimung_muster

Um Aufschluss über die Alterungsbeständigkeit von Papier, Tinte und Farbe zu bekommen, kann man sich einer einfachen künstlichen Alterungsmethode bedienen. Dies ist bei der Auswahl von Werkstoffen oft sehr empfehlenswert und ist am besten mit verschiedenen kleinen Mustern auf einmal durchzuführen.

Man legt das Papier bei 23 °C und 50 % Luftfeuchtigkeit in einen auf 100 °C erhitzten Ofen. Dabei gilt folgende Faustregel:

1 Stunde Ofenalterung = 4 Monate natürliche Alterung
3 Tage Ofenalterung = 25 Jahre natürliche Alterung

Diese Methode kann uns brauchbare Anhaltspunkte liefern, da sie uns die ungefähre zeitbedingte Veränderung des Materials zeigt.

Abb.21: verschiedene Proben zur Alterungsbeständigkeit und zum Erscheinungsbild der Tinte (Auslaufen u.ä.) auf dem Papier

SCHUTZFILME ÜBER FARBEN

Anstriche zum Schützen von Malereien auf Pergament und Papier:

papier_effekte

150 g Methylcellulose
1 l Wasser
1 Teil fester Gummi arabicum, gelöst in
2 Teilen Wasser
70 g Gelatine
unverdünntes, geschlagenes und gesiebtes Eiklar

Abb.22:
Reizvolle Effekte, die nicht immer erwünscht sind.

NACHLEIMUNG VON SAUGENDEM PAPIER

Das Papier wird mit der Rückseite nach oben mit Abdeckband auf eine Tischlerplatte geklebt und mit einer Lösung von 1 Teil Zabonlack und 2 Teilen Aceton bestrichen. Sollte sich die Vorderseite nach dieser Behandlung immer noch nicht beschreiben lassen, kann der Zabonlackanteil erhöht werden.

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