spainitalyenglishgermanyfrance

TAUFBRIEFE

taufbrief_gluecksbrief

Taufbriefe, auch Glücksbriefe, Taufzettel, Patenbriefe, Taufzedeli, Götti-Briefe, Taufhelgeli oder Göttel-Briefe genannt, sind beschriebene oder vorgedruckte, zum Teil schön verzierte und bemalte Papiere, die am Tag der Taufe von den Paten für den Täufling übergeben worden sind.
Sie hattten eine Doppelfunktion sowohl als Träger frommer und guter Wünsche für den Lebensweg des Neugeborenen als auch für den mehr oder weniger grossen “Göttibatzen”.

Seit dem 13. Jahrhundert ist es der Brauch, Patengeschenke zu überreichen. Geldgeschenke kamen im 15. Jahrhundert auf: zuerst verpackt in seidne Beutelchen, später in sogenannten Dukatenbüchsen. Die wichtigste und verbreitetste Hülle jedoch war der Taufbrief, ab Ende des 18. Jahrhunderts dann auch in gedruckter Version.

Diese Taufbriefe waren in Deutschland und der deutschsprachigen Schweiz bekannt, besonders im Elsass, Baden, Mittelsdeutschland, Sudetenland, Nord- und Ostschweiz und vor allem der Kanton Bern. Auswanderer haben den Brauch bis nach Pennsylvania (USA) gebracht.

Taufsprüche

Die Übergabe des Göttibatzens war immer mit guten Wünschen und frommen Ermahnungen für den künftigen Lebensweg verbunden. Dabei wurden oft über Jahrhunderte hinweg dieselben Sprüche und Verse verwendet: altüberliefert, mündlich und schriftlich.
Beliebt waren Texte aus dem Katechismus, aus der Bibel und gute Ratschläge oder persönlich formulierte Sprüche für den Täufling – in der Regel in Versform. Ein Beispiel von 1793:

Vill Glück und Heill und Gottes Segen
das wölle Gott miner Gotten gäben
nach dieser Zeit das ewig und sälig Läben

Heutzutage werden auch vermehrt Texte modernen und weltlichen Ursprungs für die Taufbriefe verwendet, wie z. B. folgender Text von Khalil Gibran:

Eure Kinder sind nicht eure Kinder.
Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.
Sie kommen durch euch, aber nicht von euch.
Und wenngleich sie bei euch sind, gehören sie euch doch nicht.
Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, doch nicht eure Gedanken, denn sie haben ihre eigenen.
Ihr dürft Ihrem Körper eine Wohnstatt geben, doch nicht ihren Seelen, denn diese wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht aufsuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.
Ihr könnt euch bemühen, wie sie zu sein, aber trachtet nicht danach, sie euch gleich zu machen.
Denn das Leben geht weder zurück, noch verharrt es im Gestern.

(Khalil Gibran: “Der Prophet”)

> weiter zu Marmorpapiere
< zurück zu Wappenkunde
zum Inhaltsverzeichnis
zum Stichwortverzeichnis
zum Seitenanfang